Dienstag, 8. Oktober 2019


Unter diesem Gesichtspunkt wird man wohl auch hinnehmen müssen, dass Tolstoi auf Quellen- und Übersetzungsbelege ebenso souverän verzichtet wie auf die Nennung von Autoren, deren Namen er vergessen oder deren Gedanken er, wie er erklärt, vollständig mit eigenen Worten ausgedrückt habe. Fremdes Gedankengut wird hier bedenkenlos mit eigenen Ideen und Glaubenssätzen amalgamiert, Fremdzitat und Selbstaussage werden bis zur Ununterscheidbarkeit verschliffen, das Arrangement vorgefundener Texte wird aufgewertet zu einer auktorialen Geste, die nun also nicht mehr auf Diskursbegründung, vielmehr auf Diskursverschmelzung angelegt ist. Damit führt Tolstoi ein intertextuelles Schreibverfahren vor, das erst viel später zur gängigen literarischen Praxis werden sollte und das heute wieder, angesichts von Plagiaten und Imitaten aller Art, weithin zu reden gibt.